Frankfurt für alle! Gleiche Rechte für alle! Solidarity for all! Demonstration und Hausbesetzung am Tag der Menschenrechte in Frankfurt/Main

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Für 17 Uhr hatte das Netzwerk für konkrete Solidarität zusammen mit zahlreichen sozialen und politischen Initiativen zu einer antirassistischen Demonstration am Tag der Menschenrechte aufgerufen. Auch die im Ratschlag "Frankfurt für Alle!" versammelten Initiativen und Aktivist/innen hatten für diese Demonstration mobilisiert und die Erklärung "Frankfurt für Alle: Solidarische Stadt!" veröffentlicht. Es wurde eine kraftvolle Demonstration mit zeitweise mehr als 1.500 Teilnehmenden. Vom Hauptbahnhof aus zog die Demonstration durch das Bahnhofsviertel, stoppte vor dem Sozialdezernat der Stadt um dann an der Konstabler Wache vorbei durch das Nordend die Berger Straße hochzuziehen. Zeitweise stellten Geflüchte und Migrant/innen den Großteil der Demonstrierenden. Zu der Demonstration waren Hunderte Geflüchteten aus Frankfurt und der Region aus Unterkünften angereist, um gegen die Zustände und Diktaturen in ihren Herkunftsländern, die Dublin-Verordnungen, Rassismus und Ungleichbehandlung zu demonstrieren.  Das wurde in zahlreichen ihrer Redebeiträge auf den Zwischenkundgebungen und während der Fahrt deutlich.

Ein Redner wies als ein Beispiel für rassistische Politik auf die so genannte „Drittstaatenregelung“ hin: „Wir flohen vor der Gesetzlosigkeit und der Obdachlosigkeit in Italien und erhofften uns ein würdevolles Dasein und Schutz in Deutschland. Jedoch wollte man uns zurück dorthin abschieben, weil Italien für uns die Verantwortung trage. Aber was ist, möchten wir einwenden, wenn der Verantwortliche verantwortungslos ist?
Die Flüchtlinge, die heute hier sind, und viele weitere, sind vor diktatorischen Regimen geflüchtet, vor Krieg, Folter und Terror, um ihr Leben zu retten. Doch nun, da sie ihre gefährliche Reise nach Europa hinter sich haben, oft durch bewachte Grenzen hindurch, sind sie schon wieder mit dem Tod konfrontiert. Dem Tod durch die bittere Kälte, oder rassistische Übergriffe der Polizei.“
, sagte Paulos Yacob von den Refugees for change.
Von allen Beteiligten wurde die Forderung nach einer solidarischen Stadt hervorgehoben, in der gleiche Rechte für alle gelten.

Parallel zur Demonstration wurde vom Projekt Shelter und weiteren Aktivist/innen aus antirassistischen Initiativen ein Haus in der Bergerstr. / Ecke Höhenstr. besetzt. Als die Demonstration am Haus ankam und stoppte wurde die Besetzung durch aus dem Haus gehängte Transparente sichtbar gemacht - und von den Demonstrierenden heftigste begrüsst. Vor dem Haus waren Stände aufgebaut, um die Nachbarschaft zu informieren. Die Demonstration wurde aus diesem aktuellen Anlass an die Stelle vorzeitig beendet und machte die Abschlusskundgebung naheliegend auf der Kreuzung und vor dem Haus.
Monatelang gab es seitens der Stadt keinerlei Reaktion auf die Forderung von Projekt Shelter nach einem Haus und Sozialzentrum für Refugees. Deswegen war es notwendig, am Tag der Menschenrechte im Anschluss an die antirassistische Demo die Forderung „Gleiche Rechte für Alle!“ praktisch zu machen und sich das Haus in Eigeninitiative anzueignen. Ein winterfestes Quartier für obdachlose Geflüchtete ist mehr als dringend. Das Haus ist im Besitz der städtischen Wohnungsbaugesellschaft ABG, die es seit Jahren leer stehen und verfallen lässt.

Die Besetzer/innen von Project Shelter forderten unmittelbar die ABG Frankfurt Holding auf, ihnen das seit Monaten leer stehende Gebäude zu überlassen und keinen Räumungsbescheid auszusprechen! Von Oberbürgermeister Peter Feldmann erwarteten sie, dass er sich endlich für das Project Shelter im Aufsichtsrat der ABG einsetzt „und seine symbolische Unterstützung praktisch unter Beweis stellt“. Außerdem wiesen sie darauf hin: „In den winterlichen Witterungsverhältnissen ist die dauerhafte Gefahr der Wohnungslosigkeit für Geflüchtete Lebensgefahr pur! Doch anstatt unbürokratisch zu helfen, verschanzt sich die Stadt Frankfurt zynisch hinter Vorschriften und ihrer allgemeinen Überforderung. Rückfahrtickets z.B. nach Italien oder die B-Ebene der Hauptwache als „humanitäre Hilfe“, auch das ist die viel gerühmte „Frankfurter Willkommenskultur“.
Angesichts der zu erwartenden Verschärfung der Situation beschlossen wir, nach Monaten des vergeblichen Wartens, selbst aktiv zu werden. Wir begreifen diese Aneignung als legitimen Protest und als Akt der Notwehr im Angesicht menschenunwürdiger Verhältnisse!
Wir fordern, dass das Gebäude durch uns, d.h. durch die konkret betroffenen Menschen, selbst verwaltet wird und die Stadt die Nebenkosten übernimmt. Damit der Teufelskreis (ohne Wohnung, keine Arbeit – ohne Arbeit, keine Wohnung) durchbrochen wird, muss das Haus als Meldeadresse dienen.
Es sei an dieser Stelle betont, dass es um mehr als eine bloße Notunterkunft geht – es geht um ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben, das uns allen zusteht, unterschiedslos dem jeweiligen Rechtsstatus gegenüber.“

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Diese Forderungen wurden von den Demonstrierenden und den zahlreich dazukommenden solidarischen Menschen vor dem Haus bekräftigt und unterstützt. Allerdings stellten sich die Verantwortlichen der Stadt Frankfurt auf stur - und überließen ABG-Chef Junker als Eigentümer des Hauses die Entscheidung. Der handelte wie es in einer kapitalistischen Demokratie meistens üblich ist: die Eigentumsfrage steht über den Menschenrechten, auch am Tag der Menschenrechte. Durch einen brutalen Polizeieinsatz wurde auf Veranlassung von ABG-Chef Junker, der persönlich vor Ort war, noch am gleichen Abend das besetzte Haus in Bornheim geräumt. Gewaltsam durchbrach die Polizei die solidarische Menschenkette um das Haus, brach es auf und drang in das Haus ein. Von den zu diesem Zeitpunkt noch ca. 400 vor dem Haus zum Schutz versammelten Menschen, wurden ca. 25 durch einen Küppeleinsatz, Pfefferspray und Polizeihunde verletzt. Bis zuletzt widerstanden die Besetzer/innen der Räumung und es dauerte noch bis weit nach 2:00 Uhr Nacht bis alle nach Personalienfeststellung und Videografie freigelassen wurden.
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In einer ersten unmittelbaren Meldung von Project Shelter heisst es: „Wenn obdachlose Migrant*innen ein Dach über dem Kopf brauchen, ist die Antwort: Schlagstöcke und Pfefferspray. Das von uns besetzte Haus stand leer und war im Besitz der stadteigenen Wohnungsbaugesellschaft ABG. Dass deren Chef Junker räumen ließ zeigt: Die Stadt lässt lieber Menschen verprügeln als in Häusern wohnen. Wir sagen deswegen: Jetzt erst recht! Wir fordern ein Haus für unser selbstverwaltetes Zentrum: mindestens genau so groß wie das von uns besetzte, genauso zentral gelegen! Mit städtischem Unterhalt (Gas, Strom etc.) und einer Anerkennung als Meldeadresse, damit Migrant*innen eine Arbeitserlaubnis beantragen können!
Danke für euren Support! Erholt euch, spread the word: alle bleiben, #‎shelternow! #‎1012ffm“
 
Die für den Freitag Mittag von Project Shelter angekündigte Pressekonferenz vor dem Haus findet statt. Achtet auf Hinweise für Protestaktionen in den nächsten Tagen - Frankfurt für alle! Solidarity for all!